Soll künftig die Künstliche Intelligenz für uns texten? Und denken?

Wir Texter können einpacken. Die OpenAI-Plattform in San Francisco, die sich mit der Anwendung künstlicher Intelligenz (KI oder englisch AI) und deren Auswirkungen auf die Menschheit auseinandersetzt, hat einen Riesensprung nach vorn verkündet: KI kann demnach inzwischen so gut formulieren wie ein menschlicher Autor. Dazu gibt es auch einen beeindruckenden Beispieltext.

KI kann Kreativität nach Regeln

Mal abgesehen von der Frage, ob das alles so stimmt und technisch bereits alltagstauglich ist: Was passiert da eigentlich? Vordergründig scheint es so, als ob eine bislang von Menschen zu erbringende Arbeitsleistung von Maschinen übernommen werden könne. Das ist ja nun wahrlich nichts Neues in der Geschichte.

So verstanden ist Texten nichts anderes als Handwerk. Es gibt einen Satz von Regeln, von Algorithmen, die eine Maschine beherrschen und ausführen kann. Dabei geht es nicht nur um Orthografie, Grammatik und Syntax, sondern auch um Kreativität. Auch sie ist in diesem Bild nichts anderes als eine Kette logischer Operationen – wenn der Mensch sie lernen kann, dann kann’s die Maschine auch (und sie benötigt dazu nicht einmal Seminare für kreatives Schreiben…)

Aber ist diese Vorstellung überhaupt richtig? Ist Text nicht etwas grundsätzlich anderes als ein Werkstück – nämlich ein Medium, ein Mittler also? Wir meinen: ja.

Wort und Sinn sind nicht zu trennen

Text vermittelt Gedanken. Wie der Text das tut, mag Handwerk sein. Aber der Gedanke, um den es jeweils geht, ist das eigentliche, das innere Wesen des Textes.

Nun beobachten wir oft – an uns selbst, an unseren Kunden – dass Gedanken und die Worte, mit denen sie ausgedrückt werden, miteinander in einer komplexen Wechselbeziehung stehen. Oft entsteht oder zumindest klärt sich der Gedanke eigentlich erst im Zusammenspiel mit dem Texten. Wort und Sinn sind voneinander nicht zu trennen.

Am Anfang eines Textauftrages an uns steht eine gewünschte Aussage, eine strategisch definierte Zielrichtung, eine Perspektive – all das bereits in Worte gefasst in einem mündlichen oder schriftlichen Briefing. Aber erst beim Aufschreiben, beim Abstimmen des Textes mit dem Kunden, bei der Kontrolle des Textes durch verschiedene Leser im Unternehmen, beim Um- und Neuformulieren wird der zentrale Gedanke scharf und klar umrissen. Er bildet dann die Botschaft, die der Text vermittelt.

Was denkt sich die Maschine eigentlich?

Was aber nun, wenn dieser Gedanke kein menschlicher ist? Wenn er entsteht in den digitalen Tiefen einer selbst lernenden Maschine, der KI, der künstlichen Intelligenz? Wie kommt er zustande, was sind seine Voraussetzungen, welche Wirkung strebt er an? Diskutieren Sie das einmal mit einem Roboter.

Wir finden: Schreiben und Denken gehören zusammen. Die Sprache ist eine zutiefst menschliche Fähigkeit, die unser Verständnis von uns selbst und unseren Umgang miteinander definiert. Wir sollten gut überlegen, bevor wir entscheiden, wie viel davon wir künftig den Maschinen überlassen möchten.